Montag, 28. Juli 2008

Grönland, Tag 6 (III) - Fische, Eisberge, Tagebuch

Nachdem ich also nun glücklich gewaschen war, machte sich Kosh auf meinen Spuren ebenfalls auf den Weg runter in die Bucht, dasselbe zu tun. Er nutzte die Eisberge da unten allerdings weniger als Deko, sondern eher als Brillenablage. Nun ja, wenn so ein Eisberg schon mal da rumliegt! Und man kann sich nicht versehentlich auf seine Brille setzen, immerhin.

Ich verzierte mittlerweile unser Zelt mit den frisch gewaschenen Klamotten zum Trocknen. Ganz rechts im Lager sieht man's.


Blick aufs Lager; links kommt Kosh angewandert


Was Kosh natürlich bei der Waschaktion nicht konnte, war: sich rasieren. Eisberge haben bekanntlich keine Steckdosen. Und selbst wenn - Rasierzeugs, wozu? Unnötiger Ballast zum Rumschleppen. Zwar sieht Kosh meiner Meinung nach mit Dreitagebart aus wie eine Art Penner, aber der Bart würde ja länger stehenbleiben als ein paar Tage, und ich war gespannt, wie DAS dann aussehen würde.


Frisch gewaschen - die Anfänge des Barts :)


Wohl angespornt durch unsere Waschaktion und mein glückliches Gesicht versuchten noch einige andere sich am Waschen. Mindestens eine von ihnen meinte allerdings, das Haarewaschen mit eiskaltem Wasser sei brrrrrrr und durch das Sauber-Gefühl danach auch nicht wirklich aufzuwiegen. Aber mangels geeigneter Alternativen hatte sie's dann doch getan.

Meine gute Laune wurde allerdings noch besser, als wir Gerds Boot zuerst hörten (das Motorengeräusch hört man schon von weit her) und dann auch ankommen sahen.


Da kommt Gerd mit dem Boot - und er hat Fische für uns!


Frische Fische! Wir bestaunen den Fang, und Holger kauft Gerd wie verabredet einige Fische ab. Nun bin ich neugierig, denn ich will endlich wissen, wie man nun einen Fisch ausnimmt.

Als ich 15 war, hatten wir in Island auch mal frische Fische gefangen... naja, unser isländischer Chef hatte sie gefangen, und er wollte uns damals vom Fischeausnehmen fernhalten, wohl weil er meinte, das sei nichts für Touris. Immerhin hatte ich damals gelernt, wie man ganz frisch gefangene Fische schnell tötet und dann durch die Gegend trägt. Wie man Fische zubereitet, weiß ich auch, aber mir fehlte immer der mittlere Teil. Und mich hat das immer gefuchst... mal angenommen, ich wäre aus irgendeinem Grund in der Wildnis ausgesetzt und würde mir irgendwie einen Fisch fangen, dann würde ich daran scheitern, ihn auszunehmen? Das geht doch nicht.

Gerds Fische sind zwar schon tot, aber noch nicht ausgenommen. Ich frage also Holger, wie man so einen Fisch ausnimmt, er soll's mir zeigen. Erwartungsgemäß meint er, er würde das schon machen und keiner von uns bräuchte sich die Finger damit fischig zu machen, aber diesmal lasse ich mir die Gelegenheit nicht entgehen. Schließlich will ich das mal machen. Wir arbeiten also zu zweit an unseren paar Fischen, und alle Abfälle wandern wieder in den Fjord zurück. Da drin gibt es eine Menge Getier, was diesen 'Abfall' noch zu verwenden weiß.

Holger meint, daß sich Gerd vermutlich eh innerlich einen Ast grinst über uns, weil wir dafür zigmal so lange brauchen wie er selbst. Aber Gerd darf über uns grinsen, so viel er will, immerhin hat er für uns Fische gefangen. :)


Während Holger und ich zu zweit so etwa 5 Fische ausnehmen...



... kümmert sich Gerd um den Rest seines Fangs.


Die gibt es nun also zum Abendessen, ich freu mich schon drauf. Gerd nimmt noch den Rest seines Fangs aus (den will er in Tasiilaq verkaufen), während Holger und ich unsere Finger und Messer im Fjord säubern und Holger dann mit unseren Fischen verschwindet. Um das Schlechtwerden der Fische braucht sich hier keiner Sorgen zu machen... wir haben vielleicht keinen elektrischen Strom, aber einen großen Kühlschrank mit vielen großen Eiswürfeln drin quasi vor der Haustür. (Schon in Island haben wir damals die Fische, die wir nicht direkt gegessen haben, in eine gut geschlossene Plastiktüte im 4 Grad kalten Bach versenkt, und die Wandergruppe, die am Abend in die gleiche Hütte kam, brauchte so ihr Abendessen nicht einmal zu fangen.)

Ich mache nun das, was ich seit Tagen vorhabe, nämlich mein Tagebuch wieder auf den neuesten Stand zu bringen - es zumindest zu versuchen. Jedes Mal gebe ich mir halbwegs Mühe, ein solches auf Reisen zu führen, und jedes Mal sind die ausführlichsten Einträge die, wo ich mich auf dem Hinflug gelangweilt habe, aber noch nicht wirklich was zu erzählen hatte.

So auch diesmal, natürlich. Nach einer Einleitung über den McTrödel am Flughafen, seitenlangen Reminiszenzen über alte Islandaufenthalte und sonstige Reisen, einem Satz, der mit :vianne: endet und vom Satz "Ich verwende Forumssmileys in meinem Tagebuch!! :motz:" gefolgt wird, einer Abhandlung über Prinz-Polo-Kekse und deren geschichtliche Bedeutung *), Bemerkungen über das Essen im Flugzeug, einer Einkaufsliste für Reykjavík am Ende der Reise und Gequengel darüber, daß man in einem Flugzeugsitz nicht im Kreis rennen kann, habe ich auch die Reiseplanung, was wir wann machen wollten, aus unseren Unterlagen abgeschrieben, inklusive Karte. Und dann war immer noch über eine Stunde Flug übrig.

Das klingt dann in etwa so:

So, jetzt habe ich den relevanten Teil der Reiseinformationen abgeschrieben, dekoriert und mit einer groben Karte der Gegend versehen, die Tage am entsprechenden Ort durchmarkiert, um die Tagesinfos reinzuschreiben (man weiß ja nie, ob das, was wir letztendlich machen, vorher so im Programm stand), und es ist immer noch erst 14:30 Ortszeit in Island, d.h. noch eine Stunde 20 min Flug. Und außerdem will ich immer noch 'Sermimilk'-Fjord schreiben, obwohl er Sermilik-Fjord heißt, was doch eigentlich einfacher ist. Diese Namen machen mich ohnehin wahnsinnig, und obendrein erinnern sie mich an Binbini... dingens, Binabik halt. :p. Dreimal darf man raten, wo Tad Williams hier Anleihen gemacht hat.
Aber irgendwie sind die Namen hier noch schlimmer... da kann ich mir ja Arkngthunch-Sturdumz besser merken :vianne:. Außerdem kommt das ii wie im Finnischen vor, wo man unweigerlich ü liest, auch wenn die handschriftliche Schreibweise tatsächlich ii in den jeweiligen Sprachen ist (die ja kein ü kennen und es insofern auch nicht mit ii verwechseln können :ugly:)

14:40 h. Was schreibe ich jetzt noch Sinnloses?
Ich könnte meine Einkaufsliste für Reykjavík noch erweitern :ugly:



Tagebucheintrag vom Hinflug nach Island, irgendwo über dem Atlantik


Die Karte ist von Hand abgezeichnet und dementsprechend ungenau, und da man Kuli auf Kuli nicht wirklich gut lesen kann, stehen die Ortsnamen nochmal in der Liste untendrunter. Im Moment sind wir etwa auf halber Strecke zwischen Tiniteqilaq und Siarqigteq am Sermilik-Fjord, zumindest so wie's auf der Zeichnung aussieht. Meine genauere Karte habe ich gerade nicht zur Hand, aber es kommt so in etwa hin.


Ungenaue Handzeichnung einer Karte "unseres" Eckchens von Grönland


(Nicht über das gedruckte Januar-Datum wundern - ich verwende meine Buchkalender auch als Tagebuch einfach von vorn nach hinten, wo auf den Seiten sonst nichts steht.)

Hmppf. Liste so weit fertig, und es ist 14:45.
Still not king.


So geht das weiter.

Der folgende Eintrag stammt dann bezeichnenderweise vom Flughafen Reykjavík und beginnt mit

Reykjavík Airport
18.7., 12:38 h

Unser Flug nach Kulusuk geht fahrplanmäßig um 13:00. Da kann ich ja schon mal anfangen, einen Teil des unvermeidlichen Rückstands aufzuholen ;-)


Der nächste ist dann im Flugzeug nach Grönland geschrieben und sieht dementsprechend aus; er endet mit einer sehr viel unleserlicheren Version von
Und im Moment kommt Grönland in Sicht - Berge, Schnee und so :D!


Immerhin hatte ich den Island-Teil vom Anfang halbwegs hingebracht.
Da wir unseren ursprünglichen Reiseplan schon ziemlich gleich am Anfang geändert hatten, habe ich keine Ahnung, welches Datum wir eigentlich schreiben.

Der heutige Eintrag fängt also ohne Datum an:

Auf einem Felsblock bei Pao...?
17:46 h

"Bmmmmmmmmwrk!!!" ist das Geräusch, was zu Mücken gehört, die sich unerlaubt auf Koshs Gesicht niederlassen. [Das war zumindest Koshs Kommentar dazu, begleitet von Gefuchtel, Anm.d.Red. ;)]

Wir sitzen (bzw. ich sitze, da Kosh gerade vor den Mücken die Flucht nach oben angetreten hat) am Ufer bei P. (ich geh's nachher nachsehen...) und hören den Eisbergen zu. Eisbergen kann man nämlich nicht nur toll zuschauen, sondern auch zuhören.
In ihrem Eis sind lauter kleine und größere Luftblasen eingeschlossen, und beim Schmelzen tritt diese Luft aus. Ein kleiner Eisberg, den man in kochendes Wasser legt, sizzelt also wütend vor sich hin, während so eine vorbeiziehende oder herumliegende Herde Eisberge ein Geräusch macht wie ein kleiner Bach oder ein Zimmerspringbrunnen. Gelegentlich macht es auch mal Peng oder Kracks, oder es donnert durch den ganzen Fjord, wenn ein größerer Eisberg zerbricht oder sich dreht.

Br, so langsam wird es bei steigender Flut hier unten auch kalt, die Sonne ist weg, und ich sollte mich hinaufbewegen. Aber gerade hat sich in meiner Nähe ein kleinerer Eisberg gedreht, und ich mußte zuschauen, und eigentlich will ich noch sehen, wie das hier gestrandete kleine Eisbergchen wieder flottkommt.

Eisbergherden sind ziemlich geschwätzig; zumindest herrscht hier ein ganz schöner Radau.


Das kleine Eisbergchen, von dem hier die Rede ist, kann man auf dem ersten (und letzten) Bild im vorherigen Blogeintrag sogar sehen, das neben Kosh.

Was man auf den Fotos nicht sieht, ist, daß alle diese Eisberge auf dem Sermilik-Fjord sich tatsächlich bewegen. Sie treiben langsam den Fjord hinunter zum offenen Meer. Durch diese Bewegung kommen sie mir vor wie eine ruhig vorbeiziehende Herde von weißen Tieren. Und sie machen auch eben Geräusche wie eine Herde Eis-Tiere. Sie glucksen leise vor sich hin, zumindest die nahen kann man leise glucksen hören, und die ferneren sorgen für ein stetiges Hintergrundgeräusch. Eisberge sind nicht lautlos.

Es ist schön, hier zu sitzen und den Eisbergen zuzuschauen und zuzuhören. Meine Hände riechen nach frischem Fisch und Salzwasser, und ich finde das gut so.

Und zum Abendessen gibt es den guten Fisch, in Fjordwasser gekocht und seeehr lecker. Today, life is good!


Interessant beleuchtete Eisberge



------------------------------------------------
*) Prinz-Polo-Kekse haben eine geschichtliche Bedeutung ;). Island mußte einmal aufgrund irgendwelcher internationaler Verträge irgendwas aus Polen importieren. Man wählte Prinz-Polo-Kekse. Die gibt es in Island somit schon vergleichsweise lange (60er oder 70er Jahre, sowas), und lange Zeit war es fast die einzige derartige Süßigkeit, die's auf der Insel überhaupt zu kaufen gab. Dementsprechend 'wichtig' waren sie; auch in meinem Lieblingsfilm 'Am Gletscher' tauchen diese Kekse auf und Kirchenvorsteher Tumi Jónsson hält einen Vortrag über sie, und als 1995 die Verpackung geändert wurde, kommentierte unser Isländer das mit "das ist ein swerer Slag" (nein, sie können kein 'sch' aussprechen ;) ). Der hatte sie nämlich aufgrund der neuen Verpackung nicht mehr wiedergefunden.

Samstag, 28. Juni 2008

Grönland, Tag 6 (II) - Waschtag

Mittags hatten wir kein großes Mittagessen, weil wir ja auf Gerd und etwaige Fische hofften, die es dann zum Abendessen geben sollte. Es gab also belegte Brote, und danach wollte ich meinen schon lange gefaßten Plan verwirklichen und mich und auch einige Wäschestücke waschen.

Das Thema Waschen und Toilette hat ein paar erklärende Worte verdient, in Grönlands Wildnis ist das nämlich etwas anderes als das, was man gewöhnlich darunter versteht.

Im Basislager Tasiilaq bestand unsere Waschgelegenheit, sofern man nicht bis in den Ort hinein zum öffentlichen Dusch- und Waschhaus laufen wollte (man erinnere sich: den Berg hinunter, an den Schlittenhunden vorbei, den nächsten Berg wieder hoch, an einem langen Hang quer entlang, da ins Tal runter, über den Fluß und dann links hoch ins Flußtal – also nichts für mal eben in 10 Minuten!), aus einem bis auf eine Art Tisch leeren „Zimmer“ in einer windschiefen Bretterbude, das man immerhin mit etwas Aufwand sogar abschließen konnte, einer Plastikwaschschüssel, die schon bessere Zeiten gesehen hatte, und kaltem Wasser, was man mit besagter Schüssel aus dem Wassertank am Gebäude gegenüber holen konnte.

Sobald wir Tasiilaq verlassen hatten, muß man sich jetzt die Bretterbude wegdenken, die Tür sowieso, den Tisch auch, die Waschschüssel auch und den Wassertank ebenfalls.

Kaltes Wasser gibt's entweder als Salzwasser im Fjord, zu erreichen meist durch Kraxeln über irgendwelche Felsen, oder in Form eines Bachs, der in Tiniteqilaq etwa 20 min. Felskraxelei entfernt war und beim nächsten Camp auch so etwa 10 min. Steinekraxelei den Hang entlang. Hier in Paarnakajiit gibt es Süßwasser nur in Form von Eisbergen, die aus dem Fjord zu fangen sind (inklusive Kraxeln); der nächste Süßwasserbach ist der Abfluß des Spiegelsees oben, und man sieht ja auf den Fotos, wie weit das vom Camp weg ist. So viel dazu.

Na ja nun, fürs Waschen reicht ja im Zweifelsfall Salzwasser. Aber solche Aktionen wie 'ich wasch mir mal eben die Hände' sehen so aus: Zum Zelt gehen, Bioseife holen, damit runter bis zum Fjord klettern (und fluchen, daß man dank der Seifenflasche keine zwei Hände frei hat, weil man dachte, für mal eben Händewaschen bräuchte man den Rucksack nicht auch noch mitzuschleppen), einen Felsen suchen, wo man mit den Händen ans Wasser drankommt, ohne kopfüber ins Wasser zu fallen (die Lebenserwartung in arktischen Gewässern liegt nach dem Reinfallen bei allerhöchstens 10 Minuten, da war was), Hände waschen. Dann das Ganze rückwärts. Anfangs hat man vielleicht noch ein Handtuch mitgenommen, um sich die Hände nach dem Waschen im eiskalten Wasser wenigstens abtrocknen zu können, aber dann hat man wiederum ein kaltes, nasses Handtuch, was man irgendwie im Gepäck unterbringen muß, wenn man nicht – wie hier – wenigstens einen Tag dableibt und gleichzeitig das Wetter so ist, daß auch irgendetwas trocken wird. Na, dann halt nicht.

Anfangs hatte ich es bedauert, daß ich meine feuchten Handwischtücher, die es in der Zivilisation zum schnellen Händesäubern ja gibt, nicht dabei hatte – aber das stellte sich sehr bald als Vorteil heraus, denn ich hatte bei dem Gedanken etwas anderes vergessen: wir mußten ja unseren gesamten Müll auch mitnehmen! Diese Dinge wären also nur unnötiger Müll gewesen, den ich hätte irgendwie im Gepäck unterbringen müssen, und ich hätte ziemlich geflucht, hätte ich sie dabeigehabt.

(Apropos Müll – der Gang zur Toilette gestaltete sich ähnlich mühsam wie das Händewaschen. Zwar waren diese 'Geschäfte' unvermeidbarer organischer Müll, der eben dableiben mußte, aber das Toilettenpapier wollten wir auch nicht gerade in der Gegend rumliegen lassen. Immerhin konnte man das verbrennen. 'Ich geh mal grad aufs Klo' bestand also aus erst einmal dem Gang zum Zelt, um die Klopapierrolle und das Feuerzeug zu holen. Dann mußte man sich einen Platz suchen, der weit genug von den Zelten entfernt war, so daß nichts unangenehm auffallen würde. Außerdem wollte man auch noch außer Sicht der Zelte oder zumindest rumlaufender Leute sein, was sich in einem Land, das keine Bäume und kaum Büsche kennt, auch als nichttriviales Problem erweist. Schutz vor Regen gibt's nicht, und Windschutz... da ist man auf günstig gelegene Felsen angewiesen. Manchmal mußte man sich auch zwischen Sicht- und Windschutz entscheiden - entweder oder -, denn Felsen auf mehr als einer Seite waren auch wieder schwierig zu finden. Und was das Händewaschen nach dem Toilettengang betrifft, das ist ja oben nachzulesen.)

Also, ich wollte ein paar Wäschestücke und mich waschen, das hatte ich vor. Kosh lasse ich mit einem Buch am Fjord zurück (ganz unten am Wasser, da sind die wenigsten Mücken) und mache mich auf den Weg für diese mittlere Expedition.



Kosh, umgeben von Eisbergen


Als passenden Waschplatz hatte ich mir von oben aus ja schon einmal die Buchten an der Südostseite von Paarnakajiit ausgeguckt. Da würde ich auch weit genug weg von allem Plätzen sein, wo Gerd vielleicht auf der Suche nach Fischen war. Nun muß ich vom Camp aus erst einmal da runterkommen, und zwar so, daß ich auch wieder hinaufkomme. Auf die Wanderschuhe habe ich verzichtet, um nicht noch mehr unnötiges Zeug mitzuschleppen, denn mit den Wandersandalen kann ich ja direkt ins Wasser laufen. Allerdings sind die fürs Querfeldeinkraxeln nun mal nicht ganz so gut geeignet wie die hohen Wanderschuhe - die Sohlen sind zwar gut genug, aber man kriegt Sand rein und kleine Steine, wenn man damit eine Miniaturschlucht voll Sand und Steine halb hinunterklettert und halb rutscht, um nach unten zu kommen. Für wieder rauf würde ich mir einen felsigeren Weg aussuchen, da gab es einige, aber Klettern kann ich rauf nun mal besser als runter.

Unten angekommen, lohnt sich allerdings die Aussicht. Diesmal habe ich, in Anbetracht der letzten Erkenntnisse beim Gang auf die Toilette, die Kamera wohlweislich mitgenommen.



Mein Waschplatz...




...auch umgeben von Eisbergen.


Also, waschen. Zuerst wollte ich mich waschen, um während des Klamottenwaschens dann wieder warm zu werden. Das Wasser teilt man sich schließlich mit den Eisbergen, genau so kalt ist es auch. Wer den Effekt gern nachbauen möchte, kann einen Eimer mit kaltem Wasser und Eiswürfeln füllen, die Eiswürfel eine Weile darin ziehen lassen, so daß sich die Wassertemperatur ihnen angleicht, und sich den Inhalt des Eimers über den Kopf kippen. Vielleicht auch erst mal über die Füße.

Nun habe ich natürlich keinen Eimer (ich glaube, wir hatten nur Töpfe dabei, die wir sowohl zum Wasser- und Eisbergholen wie auch zum Kochen verwendet haben... alles andere wäre unnötiger Ballast gewesen). Deshalb habe ich mir eine halbwegs dichte Plastiktüte mitgenommen und meinen Plastikbecher, schließlich dachte ich nicht daran, weiter als bis zu den Knien ins Wasser zu gehen.

Draußen finde ich es nicht sonderlich kalt, es ist sonnig und die Bucht vor allem windgeschützt, was noch wichtiger ist. Also, auf geht's. Die Klamotten auf einem handlichen Felsen geparkt, Seife in Reichweite gestellt, die Plastiktüte mit Wasser gefüllt, und den Inhalt über den Kopf gekippt. Bah.

Immerhin funktioniert diese Bioseife auch mit Salzwasser, also schnell die Haare eingeseift und... leider braucht man zum Ausspülen noch mehr und gründlicher kaltes Wasser als vorher, so daß ich auch über den Becher froh bin, denn mit dem geht das schneller als mit der Tüte, auch wenn's halt weniger Wasser auf einmal ist. Aber nach dem ersten Kälteschock wird's besser. Trotzdem bin ich froh, als die Haare eingewickelt ins Handtuch nun trocknen und ich diesen Teil der Aktion hinter mir habe. Ich will mich aber nicht beschweren, denn die Aussicht entschädigt doch für alles.



Kalt, aber dafür gibt's Aussicht.


Der Rest des Waschens geht vergleichsweise fix von der Hand, und das extra für Grönland gekaufte große High-Tech-Handtuch bewährt sich. Es wiegt sehr wenig und trocknet sehr schnell. Vor allem läßt es sich auch leicht auswringen, so daß man es selbst im nassen Zustand ziemlich gut trockenkriegt und gleich wieder als Handtuch verwenden kann.

Beim Klamottenwaschen merkt man auch deutlich den Unterschied zwischen Baumwolle und High-Tech-Kunstfaser. Ein einziges Baumwollshirt habe ich dabei (das werde ich auch nie wieder tun...), das muß ich waschen und es benimmt sich danach wie ein nasser Sack. Die Sportsachen sind im Vergleich dazu in Nullkommanix trocken. Und dabei sind die nicht mal superteuer gewesen, sondern das meiste davon ist Fitnesszeugs aus dem Sonderangebot von Aldi, was ich zum normalen Sport auch trage.

Nasse Sachen sind der natürliche Feind von Streckenwanderungen und Zelten - wenn es draußen feucht ist, müßte man die nassen Sachen eigentlich mit ins Zelt nehmen, sonst werden sie noch nasser. Nasse Sachen will man aber überhaupt nicht im Zelt haben, also raus. Dann bleiben sie aber naß.

Während der Wanderstrecke müßte man die nassen Sachen entweder mitschleppen (im wahrsten Sinne des Wortes 'schleppen' - nasse Baumwolle wiegt irgendwie mehr als der Stoff und das Wasser darin zusammen) und irgendwie an sich festbinden, damit sie trocknen (was dann meistens dazu führt, daß man sie gar nicht hätte waschen brauchen, wenn man mal wieder beim Runterklettern eines Abhangs irgendwo auf dem Boden rumschleift), oder man stopft sie in einen wasserdichten Plastiksack ins Bootsgepäck. War der Sack dicht, sind die nachher noch genauso naß wie vorher und das Problem bleibt bestehen. War der Sack nicht dicht, sind alle anderen Sachen auch naß, also achtet man drauf, daß der Sack auch wirklich dicht ist, denn MEHR nasse Sachen ist so ziemlich das Allerletzte, was man haben will.

Klamotten waschen ist also - wer hätte das gedacht - auch wieder mal nicht so einfach, wie es klingt. Aber wir haben ja diesen schönen Ruhetag, und die Sonne scheint. Die Aussichten, das trockenzukriegen, sind also sehr gut.

Bald sind die Sachen sauber, und mal abgesehen davon, daß ich am Spülsaum wie eine Art Anti-Gecko ständig vor- und zurückrenne, weil das Wasser zu kalt ist, als daß man darin lange rumstehen wollte, auch wenn's nur knöcheltief ist, fühle ich mich wie neu, naja, eher wie frisch gewaschen. Außer an den Füßen ist mir nicht kalt, und das Gefühl, endlich mal wieder komplett sauber zu sein, ist klasse. Ich lasse also die Haare offen trocknen, wickele mich in das Handtuch und mache Fotos von der Aussicht.



Und von dekorativem Seetang auf den Steinen...




... für den ich sogar im Wasser herumtapse, um ihn dekorativ aufs Bild zu bekommen. Brrr.


So, nun ist es aber Zeit, daß ich wieder ins Lager zurückklettere, denn schließlich will ich hier nicht den Tag lang Waschweib spielen. Wenigstens habe ich noch ein paar frische Sachen im Gepäck gehabt, so daß der wohlige Sauber-Effekt auch nach dem Anziehen anhält. Die nassen Klamotten werden ins Handtuch gewickelt, und ich suche mir einen felsigen Weg hoch, so daß ich nicht wieder unerwünschte Dinge in die Schuhe bekomme.



Blick von oben auf die Bucht


Da unten war ich gerade.



Wolkenformationen


Der Himmel zeigt sich auch von seiner besten Seite. Über dem Nordwestteil des Fjords hängt eine Wolkenwand, die aber nicht so aussieht, als ob sie irgendwas von uns wollte. Uns ist das sehr recht, wir wollen auch nichts von ihr.



Auf dem Rückweg zum Lager. Links Sonne, rechts Wolkenwand.




Nochmal der Blick zurück über die 'Badebucht'


Besseres Wetter und einen besseren Platz hätten wir uns für einen Tag Ruhe echt nicht aussuchen können!



Ich kann mich nicht entscheiden, ob das quer oder hochkant besser aussieht!


Zurück im Lager:



Kosh gönnt sich ein entspannendes Nickerchen

Mittwoch, 25. Juni 2008

Grönland, Tag 6 (I) - Spaziergang

Der heutige Tag soll nach unserem Plan ein Ruhetag sein, ein Tag zum Entspannen und Gegend anschauen.
Er fängt auch schon gleich mit einem erfreulichen Ereignis an: die Franzosen ziehen ab. Wir frühstücken gemütlich und trinken in Ruhe unseren Kakao (ein Luxus, der leider nicht bis zum Ende der Reise halten wird), während sie ihre Zelte abbauen und sich vom Acker begeben. Und weg sind sie. Es wird wieder still, nachdem vorher der Zeltabbau eine ziemlich lärmige Angelegenheit war.

Bei der Gruppe waren zwar ein paar Nette dabei, aber generell sind wir froh, daß wir sie zunächst erst mal los sind. Es waren einfach ... Menschen. Und wir sind schließlich nicht da, um uns Menschen anzugucken.

Stattdessen brechen wir ohne Hektik und ohne großes Gepäck zu einem kleinen Spaziergang auf, einfach entlang der Küste nach Süden ein Stück und wieder zurück.
Von Paarnakajiit aus muß man aber erst einmal bis zu dem Spiegelsee wieder hochsteigen, bevor man irgendwo anders hinkommt.


Beim Aufstieg zum See, Blick nach Nordwesten...



... und vom Seeabfluß aus nach Südwesten.


Von hier höher oben sieht man deutlich den Panzer des Inlandeises, der im Westen über den Bergen liegt. So viel Eis!


Ein schöner Blick auf das Inlandeis...



... und die Eisberge im Sermilik-Fjord.



Sagte ich Eisberge?


Ah, ja. Beinahe hätte ich vergessen, daß ja im Sermilik-Fjord meine Lieblings-Fotoobjekte schwimmen. Natürlich muß ich die alle nochmal fotografieren, es sind schließlich ganz andere als letztes Mal!


Das Wasser ist spiegelglatt



Rechts ein Stück der Halbinsel Paarnakajiit, da kommen wir her...



... und links viiiele Eisberge :).


Die Gegend linker Hand sieht ziemlich prähistorisch aus. Für Dinosaurier ist es wohl etwas zu kalt, aber wenn irgendwo plötzlich ein Mammut um eine Ecke biegen würde, wäre ich nicht sonderlich erstaunt.


Das "Hinterland"



Mammut, anyone?


In einer sumpfigen Ecke sehe ich Wollgras. Ich mag Wollgras :-).


Wollgras gibt's auch :)



Und, äh, Eisberge.


Wir beschließen, jetzt weit genug gegangen zu sein. Immerhin wollten wir nur einen kurzen Spaziergang machen, und eigentlich sind wir die letzten Tage genug rumgelaufen und werden auch ab morgen wieder genug rumzulaufen haben.


Der Panzer des Inlandeises am Horizont ist beeindruckend.



Die Eisberge davor auch.



Eisbergarchitektur


Wir machen uns also auf den Weg zurück. Da wir uns von den Eisbergen wieder entfernen, fotografiere ich die Gegend. Die hat das nämlich eigentlich auch verdient.


Auf dem Rückweg



Gegend



Mehr Gegend


Eigentlich hatte ich gehofft, den Spiegelsee so richtig beim Spiegeln fotografieren zu können, aber heute spiegelt er nicht so, die Wasseroberfläche ist zu unruhig.


Der Spiegelsee, heute nicht so spiegelig



Der See ist klar und dunkelgrün, aber durch die kleinen Wellen sieht man's kaum.


Von hier oben sieht man gut die Halbinsel Paarnakajiit.


Paarnakajiit von oben...


Unser Lager ist auf der linken Seite des Hügels, allerdings noch außer Sicht. Die Buchten links schaue ich mir schon genauer an, da sie relativ flach sind und ich den Tag auch zum Waschen nutzen wollte. Da, wo wir zelten, ist es sehr viel felsiger, da ist das schwierig.


... und die nördliche Seite von Paarnakajiit.



Blick hinunter in eine der Buchten


Wir kommen in unser Lager zurück. Holger hofft, daß Gerd nachher mit Fischen zurückkommt, so daß wir frischen Fisch zum Abendessen bekommen. Ich hoffe es auch :-).
Aber bis dahin ist noch eine Menge Zeit.


Wieder 'daheim'...



...bei den Eisbergen.



Platter Eisberg.



Besonders hübsche Eisberge.

Montag, 23. Juni 2008

Grönland, Tag 5 (III) - Sonnenuntergang in Paarnakajiit

Die letzten Monate war hier leider lange Pause wegen eines Umzugs nach Österreich und dem damit verbundenen Chaos. Meine Grönlandkarten, die ich extra fast bis zum Schluß in Reichweite gehalten habe, sind immer noch verschollen. Und gestern habe ich eine Ewigkeit und eine Erleuchtung gebraucht, um festzustellen, warum das kleine Java-Programm, was mir die ganze nervige Einbindung der Bilder wenigstens halbautomatisch erstellt, nicht funktioniert.

Aber nun funktioniert's wieder :-).

'Stehengeblieben' war ich in Paarnakajiit, und da bleiben wir auch noch eine Weile.

Einstweilen warten wir auf den Sonnenuntergang, und ich lerne einen großen Grundsatz von Paarnakajiit: geh niemals ohne Kamera aufs Klo!!

In Ermangelung anderer geeigneter Orte hat es sich bei uns eingebürgert, den Hügel hinauf an Holgers Zelt vorbei und dann noch so weit weiter zu gehen, bis man außer Sichtweite von Holgers Zelt ist... allerdings hat man dann einen wunderschönen Blick auf den Fjord und auch nach Norden auf die andere Seite der Halbinsel, was man von den Zelten aus nicht sieht, weil der Hügel dazwischen ist.

Ich mache den Fehler also auch nur einmal; mit einem "Hätt ich ja eigentlich besser wissen können..." komme ich vom Hügel zurück, bewaffne mich mit Kamera und stapfe den Weg gleich nochmal wieder hoch.

In der Nähe des Wegs Richtung Holgers Zelt stehen ein Kreuz und ein Steingrab, vermutlich liegt hier ein Fänger begraben. Wir wissen es nicht, natürlich steht nichts darauf.


Rechts ein altes Grab, vermutlich das eines Fängers


Das namenlose Grab trägt ein bißchen zu meiner Stimmung bei, daß Menschen in dieser Landschaft eigentlich ... ziemlich klein und nichtig sind.

Dazu kommt die Stille - wenn nicht gerade zufällig ein paar Vögel in der Nähe sind (es gibt hier nicht viele), sind die Eisberge und das Wasser die einzigen Dinge, die Geräusche machen. Andere Tiere gibt es nicht mehr, sobald die Insekten schlafen gegangen sind. Und sonst gibt es erst recht nichts, was Krach macht.


Blick über den Sermilik-Fjord... vom Weg zum 'Klo' aus


Und die Aussicht macht den weiten Weg zur 'Toilette' allemal wett.


Eisberge, Wasser, Wolken...



Blick Richtung Nordwesten


Aussicht vom 'Klo' aus nach Norden



Ich möchte bitte öfter so eine Aussicht haben.



Jede Menge Eisberge.



Die Sonne sinkt. Langsam.



Das Wasser im Fjord ist ganz ruhig.


Eisberge sind, so aus der Nähe, nicht ganz ruhig. Sie tauen vor sich hin und gluckern, außerdem knacksen und zischen sie oft leise.


Vor sich hin glucksende Eisberge


Mittlerweile bin ich wieder unten am Zelt, und wir warten auf den Sonnenuntergang.


Und wieder die Aussicht vom Zelt aus



Die Sonne steht schon tief...



...und der Sonnenuntergang rückt näher.


Durch die tiefstehende Sonne werden die Berge rot gefärbt, und die Eisberge haben irgendwie jede Minute andere Farben.


Tolle Farben!


Ich renne mit zwei Kameras zwischen Zelt und Hügel hin und her und weiß gar nicht, was ich eigentlich zuerst fotografieren soll.


Nochmal von weiter oben der Blick über den Sermilik-Fjord Richtung Norden


Überall sieht es jedenfalls toll aus.


Sonne


Zwischen dem Inlandeis und der Wolkenbank knapp darüber ist eine kleine Lücke, und ausgerechnet da zeigt sich jetzt die untergehende Sonne.


Was für ein Glückswetter!


Alle stehen, sitzen oder liegen irgendwo und fotografieren bzw. schauen sich das Schauspiel einfach nur an.


Beleuchtete Eisberge im Südwesten



Kosh knipst auch


In Koshs Hintergrund sieht man übrigens den Hügel, den ich dauernd rauf- und wieder runterwusele. Das Grabkreuz sieht man ein Stück rechts von dem Menschen auf dem Pfad, allerdings nicht gut.


Ranwen auf ihrem Fotoposten vor dem Zelt


Ich bin heilfroh, daß ich, was meine Fotoausrüstung betrifft, isländischen Grundsätzen gefolgt bin: Überlege, wie viele Filme du brauchst, und dann nimm doppelt so viele mit, dann kommst du grad so hin.
Ich habe sowohl meine optische Spiegelreflex im Einsatz wie auch die digitale "Kleine", aber die Bilder hier im Blog sind alle mit der digitalen Kamera gemacht worden. Bis auf den größeren Zoom der optischen merke ich zumindest kaum einen Unterschied zwischen den beiden.
Ich glaube, bei solchem Wetter und solcher Gegend kann man einfach nur schöne Bilder machen.


Die Sonne ist untergegangen...



... und hinterläßt ein grandioses Farbspiel.



Alle paar Momente sieht es wieder anders aus.



Von oben auf dem Hügel



Wow.